Kapitel 13 - Der Tathagatagarbha
"Erhabener! Gibt es ein Selbst in den 25 Daseinsformen oder nicht?"
"Das Selbst ist der Tathagatagarbha. Obwohl alle Lebewesen in der Tat den Buddha-Dhatu haben, wird er von den Kleshas (negativen Charakterzügen) verdeckt. Obwohl er (d.h. der Buddha-Dhatu) tatsächlich in ihnen anwesend ist, vermögen die Wesen ihn nicht zu sehen. Stell Dir zum Beispiel vor: es befand sich ein Goldschatz, von dem niemand etwas wusste, in einem verarmten Haushalt in einer gewissen Stadt. Nun, eine arme Frau, die dort wohnte, wusste nicht, dass sich ein Schatz unter dem Hause befand; aber ein gewisser geschickter Mann sagte jener Frau: "Tante! Komm mal her! Ich schenke Dir einen Lohn (engl.: "wages"), wenn Du mit mir kommst und auf dem Lande für mich arbeitest." Sie antwortete auf gefällige Weise: "Mein Herr, ich kann das nicht; aber wenn Sie meinem Sohn einen verborgenen Schatz zeigen würden, dann kann ich schon kommen." Er sagte ihr: "Tante, sobald Du deinen Sohn geboren hast, schenke ich Dir einen verborgenen Schatz von Juwelen und Gold, von dem niemand etwas weis." Dann sagte sie ihm: "Sie machen sich lustig über mich, (mit diesem Reden davon), wie Sie ihn mir schenken werden." Dann sagte er: "Obwohl es tatsächlich einen verborgenen Schatz in Deinem Hause gibt, hast Du selber keine Kenntnis davon, und es gibt auch nirgends irgendwelche andere, die davon Kenntnis haben." Dann flehte sie ihn an, ihr dabei zu helfen, ihn (den Schatz) in Besitz zu nehmen. Dann grub er den Schatz im Hause aus und schenkte ihn ihr. Als sie ihn sah, erstaunte sie und stellte sich unter seinem (des Mannes) Schutz."
"Auf dieselbe Weise, edler Sohn, ist der Tathagatagarbha anwesend in allen Wesen, aber sie sind einfach nicht im Stande, ihn zu sehen, denn sie ähneln jener armen Frau und deren verborgenem Schatz. Edler Sohn, ich habe gelehrt, dass der Tathagatagarbha in allen Lebewesen anwesend ist; aber genau wie jene Frau nichts vom großen Schatz wusste, obwohl man ihr davon erzählt hatte, so haben die Lebewesen keine Kenntnis vom Tathagatagarbha und können ihn auch nicht sehen, denn er befindet sich von einer Unmenge Kleshas (negativen Charakterzügen) verdeckt. Wenn der Tathagata ihnen das (d.i. den Tathagatagarbha) dann offenbart, sind sie hocherfreut und nehmen zum Tathagata Zuflucht."
"Erhabener, ich verstehe jetzt, dass es den Buddha-Dhatu gibt. Der Tathagata selber, der Anweisungen (avavada) erteilt, sollte als jener geschickte Mann betrachtet werden. Alle Lebewesen sollten als diese Frau betrachtet werden."
"Überdies, edler Sohn, es ist folgendermaßen: es war eine gewisse Frau, die einen kranken Säugling hatte. In dieser Situation ließ die Frau den Arzt kommen. Der Arzt verabreichte ein mit Zucker vermengtes medizinisches Öl dem Kinde und unterwies die Mutter dann also: "Schwester! Bis das medizinische Öl verdaut worden ist, solltest Du nicht zulassen, dass das Kind an deinen Brüsten saugt." Dann schmierte die Frau eine aus Neem (nimba) gemachte Salbe auf ihren beiden Brüsten und sagte dem Kind: "Kind, ich habe Gift auf meinen Brüsten eingeschmiert, und so darfst du an ihnen nicht saugen." Später wurde das Kind durstig und wollte an ihren Brüsten saugen, aber es fing an zu weinen, als es den Geschmack der Neem-Blätter schmeckte und musste sich von ihnen fernhalten, bis die Therapie beendet war. Später sagte die Mutter: "Vorhin war dein medizinisches Öl noch nicht verdaut worden, und ich schmierte eine Salbe vom Neemblatt auf meinen beiden Brüsten, um es zu verhindern, dass du an meinen Brüsten saugtest. Ich machte mir Sorgen, weil ich fürchtete, dass du dir vielleicht ein Schaden zuziehen und sterben könntest, und so ließ ich es nicht zu, dass du saugtest; aber sauge jetzt!" und sie gab dem Kind ihre Brust, und es begann langsam zu saugen.
"Eben wie man dem Kind eine medizinische Butter verabreichte, so sagte auch ich früher den Mönchen - indem ich die Bedürfnisse jener im Auge behielt, die geschult werden mussten: "Kultiviert meditativ - was alle Dinge (dharmas) anbelangt - das Nichtvorhanden-Sein eines Selbst. Wenn ihr auf diese Weise meditiert, werdet ihr das Greifen nach einem Selbst (a-tma-graha, das ist, Haften an einem Begriff eines Selbst) eliminieren / beseitigen. Wenn das Greifen nach einem Selbst völlig eliminiert worden ist, erlangt ihr Nirwana”; (ich sagte dies,) um die Mönche zu befähigen, weltliche Ansichten zu überwinden; um sie über die Größe des Überweltlichen zu belehren; um sie zu informieren, dass die Realität des weltlichen Selbst (atman) eine Lüge ist, und es ihnen zu ermöglichen, ihre Körper / Wesen durch das meditative Kultivieren (bhavana) des Nicht-Existenz-eines-Selbst zu reinigen. Denn, eben wie die Mutter ihre Brüste mit einer Neemblatt-Salbe schmierte, so sagte auch ich: "Kultiviert meditativ die Einsicht, dass alle Dinge ohne ein Selbst und leer (sunya) sind." Eben wie die Mutter des Kindes später ihre Brüste sauber wischte und dem Kind sagte, es solle saugen, indem sie sagte: "Vorhin durfte ich es nicht zulassen, dass du an meinen Brüsten saugtest, bis deine medizinische Butter verdaut worden war; aber jetzt darfst du saugen", so belehrte auch ich (die Mönche) also, damit sie sich von weltlichen Dingen abwenden mochten, indem ich ihnen sagte, dass es kein Selbst gebe; aber jetzt, Mönche, da ich lehre, dass der Tathagatagarbha existiert, fürchtet euch nicht wie das Kind. Eben wie das Kind prüfte (die Brüste seiner Mutter) und dann saugte, so lehre auch ich jetzt, dass ihr, Mönche, diesen Begriff erforschen solltet, dass es den Tathagatagarbha in euch gibt, und ihr solltet emsig darum bemüht sein, dies meditativ zu kultivieren."
"Es ist unlogisch zu behaupten, dass ein neugeborenes Kind, das wenig bzw. überhaupt kein Wissen hat, scharfsinnig sei. Wenn es ein Selbst gäbe, dann würde man dem Kind zumuten müssen, dass es mit Erkenntnis und Verständnis desselben ausgestattet sei. Aber angesichts der Tatsache, dass des Kindes Erkenntnis nur dürftig ist, so ist es dann auch unlogisch, dem Kind Scharfsinnigkeit zuzumuten. Wenn es ein Selbst gäbe, wäre es ohne Unterschiedlichkeiten, identisch (für alle). Also, (die Lebewesen) haben doch keinen (Tathagata-)Dhatu. Wenn es einen (Tathagata-)Dhatu gäbe, warum würde jemand je die zehn unheilsamen Handlungen begehen, wie z.B. Töten, Stehlen, außerehelichen Geschlechtsverkehr und so weiter? Warum würde man betrunken werden, indem man Alkohol trinkt? Wenn der (Tathagata-)Dhatu der Wesen unveränderlich wäre, dann dürfte man es erwarten, dass die Tauben mittels ihrer Ohren hören, die Blinden sehen und die Stummen geschickt sprechen könnten. Wenn dieses Selbst, der (Tathagata-)Dhatu der Wesen, unveränderlich wäre, so würde das Selbst auf diese Ansammlungen von Schleim (slesma), auf diesen Fötus (kalala), auf Blau und Gelb begrenzt sein, und dieses Selbst würde auch auf das Auftreten dieser Erscheinungen begrenzt sein."
Überdies: ist es auch überall gegenwärtig, wie Feuchtigkeit? Wenn dem so wäre, dann wäre Folgendes der Fall: wenn einem Mann auf dem Schlachtfeld die Nase oder ein Ohr abgehauen würde, so dürfte man auch erwarten, dass die kleineren Körperteile dieses Selbst auch beschädigt oder verstümmelt würden."
"Edler Sohn, nimm zum Beispiel an: ein gewisser König befestigte einen kostbaren Diamant zwischen die Augenbrauen an die Stirn seines Ringermeisters. Dann beteiligte sich dieser Ringer an einem Ringkampf mit einem zweiten Ringer, und die Beiden stießen ihre Köpfe an einander an wie Böcke. Als der Ringer verletzt wurde, sank seine Stirnschmuck tief unter seine (Haut), ohne dass der Ringer dessen gewahr war, obwohl er sich in der Tat wunderte und sich fragte, wo sein Diamant hinverschwunden war. Er rief einen Arzt und ließ ihn die Wunde behandeln. Jener Arzt war geschickt und scharfsinnig; er wusste, dass die Wunde durch das Juwel verursacht worden war und dachte bei sich, dass der Diamant drin fest saß, in der Stirn des Ringers verborgen. Er fragte den Ringer: "Was ist mit Ihrem Juwel passiert?" und der Ringer gab Antwort: "Weh! Ach Herr Arzt, ich habe den Diamanten, der meine Stirn schmückte, bestimmt verloren. Ach, habe ich ihn vielleicht in einen Kasten gelegt? Ich weiß überhaupt nicht, wo ich ihn hingetan habe. Weh, auch wenn ich ihn tatsächlich in seine Kiste gesteckt habe, finde ich ihn nicht. Weh! Was für eine Katastrophe! Was ist das für eine Sinnestäuschung, dass er so verschwindet wie eine Seifenblase?!" Dann sagte ihm der Arzt: "Ach, rege dich nicht so auf! Dein Juwel bettete sich in die Wunde ein und bleibt dort und glitzert mitten im Fleisch, Blut und Eiter. Als deine Aufmerksamkeit auf den Ringkampf gerichtet war, merktest du dies nur nicht."
Aber als der Arzt dies ihm sagte, glaubte ihm der Ringer nicht und sagte dem Arzt: "Aber warum kommt er (d.i. der Diamant) mit dem Blut und dem Eiter nicht heraus? Oder sitzt er etwa in den Sehnen fest? Sagen Sir mir das nur nicht!" Dann entnahm der Arzt den Diamanten und zeigte ihn ihm, und er erstaunte, als er ihn sah.
"Auf ähnliche Weise: obwohl der Tathagatagarbha tatsächlich in allen Lebewesen anwesend ist, sind sie sich dessen unbewusst. Da sie durch die Nachteile niedergedrückt werden, die ihnen (naturgemäß) zufließen, wenn sie Zuflucht zu unheilsamen Freunden, Gier, Hass und Verblendung nehmen, werden die Wesen als Höllenbewohner, Tiere, hungrige Gespenster, Asuras, Kastenlose (chandalas?), Brahmane, Kaufmänner und Landarbeiter (sudras?) wiedergeboren. Weil sie unwissend sind - auf Grund ihrer Charaktermängel, ihrer Gier, ihres Hasses und ihrer Verblendung - werden die Wesen in den 25 Gattungen der Existenz als Idioten, Taube, Blinde, Verstümmelte und Teilgelähmte (paksa-hata) wiedergeboren, (oder auch als Menschen, die) durch verschiedenartige Schönheitsfehler verunstaltet sind, (oder aber auch als Menschen, die) gelbsüchtig (kamala), von grüner Farbe wie Linsen, gelb wie Amarant (kurantaka) sind, (oder die) blutunterlaufene Augen haben. Eben wie der Ringer wegen seiner behinderten Denkart die irrige Idee hatte, dass er den Diamanten verloren habe – obwohl der Diamant eigentlich in seinem Körper steckte – so begreifen auf ähnliche Weise weltliche Wesen die essentielle/ wahre Natur des Selbst (a-tma-tattva) nicht; sie geraten unter den Einfluss unheilsamer Freunde, sie verstehen die Äußerungen (des Tathagata) nicht, die eine impliziter Bedeutung in sich haben (sandha-vacana), sie kultivieren meditativ die Vorstellung, dass es ihnen an einem Selbst mangelt – obwohl es doch ein Selbst gibt. Sie behaupten, dass diejenigen, die die Nicht-Existenz eines Selbst nicht meditativ kultivieren, das Selbst der weltlichen (Philosophen) meditativ kultivieren, und sie sagen: "Wie könnte es jenes Selbst der weltlichen (Philosophen) geben?" Da sie die essentielle / wahre Natur des Selbst nicht verstehen, wähnen sie, dass das überweltliche (Selbst) dem (weltlichen Selbst) ähnelt. Da sie zu unheilsamen Freunden Zuflucht nehmen und den Zusammenhang von Äußerungen nicht begreifen, die eine implizite Bedeutung haben, begreifen sie die wahre Natur des Nicht-Selbst nicht, auch wenn sie (sie) meditativ kultivieren; sie sagen immer wieder: "Kein Selbst! Kein Selbst!" Sie fragen sich: "Wo ist das Selbst? Wo befindet es sich? Geht es zugrunde, wird es zerstört, eben wie ein irdener Topf nicht besteht? Oder ist es denn überall vorhanden wie Feuchtigkeit? Ist es anwesend, wie die Stirnschmuck des verwirrten Ringers?"
“Überdies, edler Sohn: nimm an, dass es einen Mann gibt, der darin geschickt ist, vergrabene Schätze (nidhi) aufzudecken. Wenn er mit einer Hacke oder irgend einem anderen Grabwerkzeug nach einem Schatz gräbt, kann er alle Steine und Kieselsteine pulverisieren; aber er ist nicht fähig, auch nur den kleinsten Eindruck auf einen Diamanten zu machen. Eben wie keine Waffen einen kostbaren Diamanten schneiden kann, so können, edler Sohn, nicht einmal Billionen von Göttern oder Dämonen mit ihren Waffen den Tathagatagarbha, das Selbst der Lebewesen, abschneiden – obwohl sie in der Tat die Ansammlung von Elementen (upacita) (die den physischen Körper bilden,) zu Staub reduzieren können, Steinen und Kieselsteinen gleich. Der Tathagatagarbha, das Selbst der Lebewesen, ist gleich einem kostbaren Diamanten. Man kann daher tatsächlich das Leben zerstören, indem man Leute tötet, und aus diesem Grunde kann man das Leben nehmen, indem man die Ansammlung von Elementen zerstört. Also, edler Sohn: die Vaipulya-Lehren (d.h. die erweiterten, großen Lehren) des Tathagata sind äußerst subtil; sie sind sowohl der vorzüglichste Nektar der Unsterblichkeit (amrta) als auch das vorzüglichste Gift.“
(Maha-Kasyapaika-Gotra) sagte: “Erhabener, was meinst du, indem du sagst, dass die Vaipulya(-Lehren) sowohl der vorzüglichste Nektar der Unsterblichkeit als auch das vorzüglichste Gift seien?“
„Edler Sohn, willst du die implizite Bedeutung dieser Worte verstehen?“
(Maha-Kasyapaika-Gotra) sagte: „Erhabener, ich will die implizite Bedeutung dieser Worte, dieser vortrefflichsten aller Äußerungen, verstehen.“
Dann sprach der Erhabene diese Verse:
"Indem ein gewisser Mensch Nektar trinkt,
stirbt er nicht;
Indem ein anderer Mensch Nektar trinkt, stirbt
er;
Indem ein gewisser Mensch Gift trinkt,
stirbt er nicht;
Indem ein anderer Mensch Gift trinkt, stirbt
er."
"Ich lehre, dass in diesem
Mahayana
Gewahrsein (jnana) ohne Haften Nektar ist;
Das vorzüglichste
Gewahrsein ohnegleichen
Ist aber auch Gift."
"Eben wie eine Creme von
Butterschmalz,
Honig und Zucker Nektar ähnelt,
Solange man etwas isst,
nachdem man diese verdaut hat,
(So) wirkt diese aber als Gift, wenn man sie
nicht verdaut hat
So wirkt auf ähnliche Weise der vorzügliche Nektar der
Vaipulya(-Sutren)
Auch wie ein virulentes Gift
Bei denjenigen, die einen
kindischen Geist haben.
Und in der verborgenen Bedeutung dieser
Sutren
Nicht bewandert sind."
"Pratyekabuddhas und Sravakas sind immer
so:
Bei ihnen gleicht die vorzügliche Arznei des Mahayana
Dem
Milch-Trinken.
Da sie das wissen, Mahakasyapa,
Werden diese furchtlosen
Bodhisattvas,
Diese vortrefflichen, heroischen Leute
Durch das Mahayana
befreit."
„Sie nehmen heute in dieser Dhatu-Sphäre
hier,
Im gleichbleibenden Nektar, Zuflucht;
Dieser vorzügliche
Nektar-Dhatu
Ist mein Dhatu, der Dhatu der Lebewesen
(sattva-dhatu)."
“Wenn du immer zu mir Zuflucht
nimmst,
Wird die dreifache Zuflucht dein Dhatu;
Da der Dhatu in meinem
Körper innewohnt,
Sollst du in dieses Selbst (atman)
eintreten."
“Der Buddha, der Dharma und der
Sangha
Sind in ihrem wesentlichsten Wesen mein Dhatu;
Die Drei sind die
vortrefflichsten Juwelen:
So erklärt der Tathagata diese
Worte.“
(Maha-Kasyapaika-Gotra) fragte:
„Ich
verstehe nicht ganz auf welche Art
Die Furchtlosen Zuflucht nehmen;
Wozu
sollte man zum Dharma Zuflucht nehmen?"
„Durch was erlangen sie freudige
Ruhe?
Durch was erlangen sie die freudige Ruhe nicht?
Falls sie zum Sangha
Zuflucht nehmen,
Wie dann sind diese also eine dreifache
vortreffliche
Zuflucht?"
“Wie werden sie in künftigen Zeiten
die
echt wahrhaftige Buddhaschaft erlangen?
Ich betrachte auch diese
Drei,
Welche Zufluchtsgrundlagen für künftige Existenzen sind,
Als wären
sie eine Treppe,
Denn sie sind nichts anderes als Erkenntnis
(jnana)."
„Wenn ein Kind nicht erzeugt worden
ist,
Wie kann man sagen, dass es ein Kind ist?
Wenn ein Kind erzeugt
worden ist, wird es geboren werden,
Denn es existiert sowohl im Wunsch wie in
der Tat.
„Das, wovon Du gesprochen hast, O
Weiser,
Wird von den Unintelligenten nicht verstanden:
Sie werden einsam
und allein in Samsara umherwandern –
In all den Kerkern der
Wiedergeburt."
“Daher werden sie keine Laien(-Anhänger)
werden,
Nicht einmal dem bloßen Namen nach.
Offenbare dies mir, O
Weiser.
Ich flehe Dich an: zerstreue schnell meine Zweifel!
O Tathagata,
der Du mit großer Erkenntnis
(jnana) versehen bist,
Ich flehe Dich an:
erkläre mir diese verborgene Bedeutung!“
Der Erhabene antwortete:
„O
Bodhisattva-Mahasattva,
Vortrefflichster Maha-Kasyapa,
Ich werde jene
verborgene Bedeutung erklären;
Ich werde deine Zweifel
zerstreuen."
“Indem man Zuflucht zum Buddha
nimmt,
Erlangt man den Laienstand;
Dann sind all jene Götter
Keine
Zuflucht für ihn (mehr)."
„Wenn man Zuflucht zum Dharma
nimmt,
Wird alles Verderbliche hier verlassen;
Wenn man Zuflucht zum
Sangha nimmt,
Wird man also ein Laienanhänger."
„So sind alle Anderen außer diesen
(Dreien)
Nicht würdig der Verehrung.
Man wird die drei Zufluchtsgrundlagen
erlangen,
In genau der Art, wie es die Furchtlosen tun.“
(Maha-Kasyapaika-Gotra) sagte:
„Also, ich werde Zuflucht
Zu den drei
unvergänglichen Dingen nehmen.
Das ist der Weg der Heiligen,
Das ist die
wahre Natur (dharmata) des Buddha."
„O großer Weiser, die drei Grundlagen
Stimmen für immer überein (samata-).
Das Selbst ist auch Dir gleich:
Diese Zuflucht (engl: "abode") ist unübertroffen."
„Dieser Pfad wird vom Sugata (d.i. dem Buddha) hochgepriesen.
Falls man da Zuflucht nimmt
Und diesen Pfad auch auf sich nimmt,
Indem man sich völlig in ihn eindringt (engl: „fully enters“);
Erlangt man dadurch die Befreiung."
„Dieser Pfad wird vom Sugata
hochgepriesen.
So werde auch ich da Zuflucht nehmen,
Auf diesem Pfad des
Buddha,
Diesem höchsten und breiten Pfad."
„Auch wenn mir heute Mara die
Unsterblichkeit anbieten würde,
Würde ich keine Zuflucht zu den weltlichen
(Göttern) nehmen!“
Dann sagte ihm der Erhabene Folgendes:
„Du solltest dich nicht an (die drei Grundlagen) klammern, wie es die närrischen Anhänger des Sravaka-Wegs tun – statt dessen solltest du zum Einzigen Ding Zuflucht nehmen! Eine dreifache Zuflucht ist bei dieser Erkenntnis nicht vorhanden, denn es gibt keinen (gesonderten) Dharma und keinen (gesonderten) Sangha. Der Buddha selber ist sowohl Dharma als auch Sangha. Der Tathagata selber ist die drei Grundlagen. Ich gründete die drei Grundlagen im Sravaka-Weg, damit närrische Leute weltliche Ansichten beseitigen mochten. Wenn du in Übereinstimmung mit der Welt handelst, solltest du ebenfalls zu den dreien Grundlagen Zuflucht nehmen.
"Nachdem ich Zuflucht zum Buddha genommen habe, möge mein Körper-und-Geist (kaya) mit dem des Buddha identisch werden (eka-kaya)! Da ich dann mit dem Tathagata gleichartig bin, werde ich meine Handflächen aus Verehrung vor den Buddhas nicht zusammenfalten müssen. Möge ich allen Lebewesen gleichsam eine große Zuflucht werden! Ohne den Dharma-Kaya zu verlassen, werde ich die Reliquien (dhatu) und Chaityas (= buddhistische Heiligtümer) verehren. Möge ich allen denjenigen Lebewesen gleichsam ein Chaitya werden, die keine Verehrung zollen wollen! Möge mein Körper zum Gegenstand der Verehrung für alle Lebewesen werden! Nachdem ich Zuflucht zum Dharma genommen habe, möge ich zum Dharma-Kaya werden! Möge ich mich gleichsam als Pfeil denjenigen gegenüber verhalten, die über Lehren meditieren, welche nicht echt sind (atattva-dharma), und möge ich an sie – sukzessiv, der Reihe nach - den Wahren Dharma übergeben! Nachdem ich Zuflucht zum Sangha genommen habe, möge ich gleichsam zur (bienenstockartigen) Zuflucht für die bienenartigen Mönche werden! Indem ich auf diese Weise Zuflucht nehme, möge ich gleichsam der Buddha, Dharma und Sangha für alle Wesen werden! Möge ich gleichsam zu den Augen derjenigen Mönche werden, die wie Blindgeborene sind! Möge ich die bienenartigen Shravakas und Pratyekabuddhas dazu anhalten, zu mir zu kommen und zu mir Zuflucht zu nehmen!"
"Edler Sohn, so ähneln (in den Augen) närrischer Leute Bodhisattva-Mahasattvas den unwissenden Lebewesen, die ihre Menge Sünden noch nicht erschöpft haben, während den Weisen Bodhisattva-Mahasattvas wie Buddhas erscheinen. Zum Beispiel: wenn ein echter Held auf der Schlachtfeld kämpft, denkt er zu sich: "Wenn ich alle anderen Helden besiegt habe, werden alle Zuflucht zu mir nehmen." Abermals zum Beispiel: wenn der Sohn eines Königs zum Kronprinzen wird, denkt er: "Ich werde alle anderen Prinzen übertreffen und zum König gekrönt werden! Ich werde der Herr aller Prinzen werden! Sie werden zu mir Zuflucht nehmen! Ich werde nie daran denken, mich zu erniedrigen!" Egal ob sie Held, König oder Minister seien, vollbringen diejenigen, deren Wesen aufgrund ihrer Vortrefflichkeit auf diese Art überlegen ist, Taten, die ihren Tugenden entsprechen."
"Edler Sohn, auf ähnliche Art ist ein Bodhisattva-Mahasattva einer, dessen Gedanken die Drei (Zufluchts)grundlagen überstiegen haben. Also, sei mutig und furchtlos wie der Prinz und der Held. Ich lehre, dass ich von den Drei Grundlagen nicht abgesondert und dass unter den Drei Grundlagen der Tathagata der Höchste sei. Eben wie der Kopf das Höchste am ganzen Körper ist, so ist auch der Buddha selbst der Höchste. Eben wie der Kopf abgesondert vom Körper nicht fortbesteht, und weder der Rumpf noch die Beine (absondert vom Körper) fortbestehen, so besteht der Buddha, Dharma und Sangha getrennt / abgesondert nicht fort. Nichtsdestotrotz habe ich ihre Teilung in drei gesonderten (Dingen) gleichsam als Treppe gelehrt, damit die närrischen Leute endgültig befreit werden mögen. Im wahrsten Wesen der Dinge ist keine Teilung in abgesonderten (Elementen) wahrzunehmen. Klammere dich nicht an verworrene Worte wie es die Narren tun! Mache deinen Geist scharf wie ein stählernes Schwert! Statte dich mit großer Erkenntnis aus!"
Dann fragte der Bodhisattva-Mahasattva Maha-Kasyapaika-Gotra den Buddha Folgendes: " O großer Held, Erhabener: ich erkundige mich bei dir um die Praxis eines Bodhisattva, damit ich sie anderen Menschen erklären möchte, nachdem ich sie selber gänzlich verstanden habe. O Erhabener! Unterweise mich gut in der Praxis eines Bodhisattva, im allerhöchsten, umfangreichen Mahayana, das einem stählernen Schwert gleicht. O errichte sie (d.i. die Praxis eines Bodhisattva) gut! Nachdem ich eine Erklärung der Bodhisattva-Praxis erworben habe, werde auch ich alle Lebewesen darin unterweisen, damit jedwedes Lebewesen den Tathagatagarbha verstehen möchte. Diejenigen, die zuversichtliches Vertrauen in dieses Sutra haben sind selber die Dreifache Zuflucht, denn sie nehmen Zuflucht zu sich selber. Die Drei (äußeren) Grundlagen sind nicht nötig. Warum ist dem so? Weil sie (d.i. diese Leute) den Tathagata-Garbha, den Buddha-Dhatu haben. Nachdem sie sorgfältig (diese Sache) untersucht haben, werden sie sagen: "Ich habe den Buddha-Dhatu in meinem eigenen Körper." Nachdem sie auf diese Weise gesucht (und gefunden) haben, nehmen sie keine Zuflucht (mehr) zur Dreifachen Zuflucht, denn sie sind selber der Dharma und Sangha. Auf diese Art sind der Buddha-Dhatu, die 32 Merkmale und die 80 weniger bedeutenden Merkmale (eines Buddha) unvorstellbar (acintya)."
Der Erhabene antwortete: "Vortrefflich, edler Sohn, vortrefflich! Diejenigen, die einen scharfen Verstand haben, sollten auf diese Art handeln! Überdies, edler Sohn: ich werde darlegen, wie man in den Tathagatagarbha eindringen (pravesa: eintreten in, Eingang zu etwas finden, engl. "enter") soll. Wenn das (weltliche, bedingte) Selbst fest und ewig wäre, dann gäbe es kein Ende (anta) des Leidens. Wenn es kein (überweltliches) Selbst gäbe, dann wäre der ganze heilige Lebenswandel (brahmacarya) ohne Sinn. Wenn alle Phänomene ohne Selbst wären, so würde dies eine Lehre / Ansicht der Zerstörung sein (ucchedavada). Wenn das Selbst fest (dhruva: fest, beständig, unerschütterlich, unwandelbar) wäre, so wäre dies eine Lehre / Ansicht der Ewigkeit sein (sasvatavada). Wenn alle Phänomene unbeständig wären, so wäre dies eine Lehre / Ansicht der Zerstörung sein. Wenn alle Phänomene beständig wären, so wäre dies eine Lehre / Ansicht der Ewigkeit. Wenn alle Phänomene leidhaftig wären, so wäre dies eine Lehre / Ansicht der Zerstörung sein. Wenn alle Phänomene wonnevoll wären, so wäre dies eine Lehre / Ansicht der Ewigkeit."
"Wenn man darüber meditieren würde (engl: "meditatively cultivate"), dass alle Phänomene beständig seien, dann würde man (demnächst) der Zerstörungs-Lehre verhaftet bleiben.Wenn man darüber meditieren würde, dass alle Phänomene zerstört würden, dann würde man bald der Ewigkeits-Lehre verhaftet bleiben. Zum Beispiel: eben wie Blutegel schnell am Kopf eines Menschen speisen und auf schnelle Art diesen Kopf verlassen und ihn gegen einen anderen Ort (des Speisens) austauschen, so verfällt man schnell – wenn man über die Beständigkeit meditiert - der Zerstörungs-Lehre und wird einem Blutegel gleich."
"Also: einerseits sollte man darüber meditieren, dass unheilsame Phänomene leidhaftig sind, und andererseits sollte man darüber meditieren, dass heilsame Phänomene glückselig sind. Einerseits sollte man darüber meditieren, dass mit den Kleshas verbundene Phänomene ohne Selbst sind, andererseits sollte man in Bezug auf Phänomene wie zum Beispiel den Tathagatagarbha über die (wirkliche) Existenz des Selbst meditieren, denn Nirwana hat keinen (lokalisierten) Grund oder Standort. Einerseits sollte man darüber meditieren, dass Phänomene wie z.B. Besitztümer / Habseligkeiten unbeständig sind, andererseits sollte man darüber meditieren, dass Phänomene wie z.B. die Eigenschaften / Tugenden (gunas) des Tathagata beständig sind."
"Die eigentliche Wirklichkeit (tattva) der Drei Grundlagen und der Befreiung (moksha) ähneln nicht dem speisenden Blutegel. Wisse, dass das Wort (vacana) des Buddha den Mittleren Weg darstellt! Der erhabene Buddha spricht vom Mittleren Weg, der von den zwei Extremen der Ewigkeits-Lehre und der Zerstörungs-Lehre frei ist."
"Die Dummen werden über die Worte des Buddha konfus, eben wie diejenigen mit schlechter Verdauung, die viel Butter fressen: sie verschreiben sich bald den zwei Extremen. Aber "Existenz" ist nicht festgestellt worden, und "Nicht-Existenz" ist unlogisch. Zum Beispiel: wenn es sogar vorkommt, dass alle Körperflüssikeiten (dhatu – Element; engl: "humour") wie z.B. Galle gestört werden und nicht in Übereinstimmung mit einander funktionieren, dann beruhigen die Ärzte die Galle bei Fällen einer Gallenerkrankung, beruhigen die Blähungen bei Fällen eines Übermaßes der Blähungen, beseitigen Schleim bei Schleimerkrankungen, ein gewisses Heilmittel bei Fällen der Kombinationskrankheiten gegen Kombinationskrankheiten verwenden und lassen es nicht zu, dass sie (d.h. all diese Arten Krankheit) disharmonisch werden; statt dessen fördern sie Bequemlichkeit. Auf ähnliche Art sollte man – den Ärzten gleich – den wahren Dhatu heilen, indem man allmählich die unzähligen Krankheiten der Kleshas beseitigt. Der wahre Dhatu heißt der Tathagatagarbha, der Buddha-Dhatu, aber man sollte alle (anderen) Dhatus beseitigen und alle seine Energien auf den beständigen und festen (Dhatu) konzentrieren."
"Die Weisen (dhimat) sollten nicht an der (Vorstellung der) "Existenz" haften. Da "Nicht-Existenz" aus den (Mündern) derjenigen entsteht, die auf falsche Weise sprechen, sollten die Weisen Stillschweigen bewahren, was "Existenz" betrifft, und sie sollten nicht akzeptieren (weder die Ansicht des Existenz noch die der Nicht-Existenz). Streite nicht darüber, denn du solltest wissen, dass diese (d.i. einerseits Existenz, andererseits Nicht-Existenz) das eigentliche Wesen der Dinge (tathata) ist."
"Die Begriffsstutzigen, die die Worte, die eine verborgene Bedeutung haben, nicht verstehen, streiten ständig darüber, weil ich das Leiden gelehrt habe – obwohl es doch den Samen der Wonne in ihrem Körper gibt. Da sie dies auf Alles beziehen, glauben und bilden sich die Narren ein, dass ihr Körper nicht-fest (adhruva) sei."
"Was die Unbeständigkeit anbelangt, die ich gelehrt habe: die Narren behaupten, dass (Alles) unbeständig sei, wie ein Topf, der von einem Töpfer gemacht worden ist. Die Weisen wissen, dass sich diese Art Samen des Dharmakaya in ihrem Körper befindet, und so nehmen sie alles nicht (wörtlich)."
"Wenn ich das "Nicht-Selbst" gelehrt habe, schließen sich die Narren der Lehre an, dass es kein Selbst gibt. Die Weisen wissen, dass so etwas (d.i. die Lehre des "Nicht-Selbst") nur ein konventioneller Ausdruck (vyavahara-vat; engl. "conventional speech) ist, und sie stehen ohne jeden Zweifel (über dieser Sache)."
"Wenn ich gelehrt habe, dass der Tathagatagarbha leer (shunya) ist, meditieren die Narren darüber, dass er Auslöschen (engl: "extinction") und der Vernichtung ausgesetzt und unvollkommen sei. Die Weisen wissen, dass er (eigentlich) unwandelbar, fest und ewig ist."
"Wenn ich im Zusammenhang der Befreiung / Erlösung bloß von Illusion / geschickten Mitteln (bitte beachte: im tibetischen Text steht "upaya", während im Faxian und Dharmakshema "maya" – "Illusion" – steht) gesprochen habe, behaupten die Narren, dass Buddhas zu existieren aufhören, wenn sie die Erlösung erlangen. Die Weisen wissen, dass es das (ständige) Kommen und Gehen der Buddhas gibt, und sie sagen, dass der Buddha kommt wie ein Löwe von einem Mann (nara-simha)."
"Die Narren verschreiben sich – angesichts der Aussage, dass "die Samskaras (zusammengesetzen, kausal bedingten Dinge) in Abhängigkeit von der Unwissenheit entstehen" - dem Begriff der Dualität, während die Weisen wissen, dass es keine Dualität gibt, was die Unterscheidung zwischen Unwissenheit und Erkenntnis anbelangt."
"Narren verschreiben sich dem Begriff Dualität, wenn sie die Aussage hören: "das Bewusstsein entsteht in Abhängigkeit von den Samskaras", während die Weisen erkennen, dass es keine Dualität gibt betreffs der Unterscheidung zwischen dem Bedingten (samskrta) und dem Nicht-Bedingten (asamskrta)."
"Auf ähnliche Weise verschreiben sich die Narren dem Begriff der Dualität in Beziehung auf die Unterscheidung zwischen dem Heilsamen und dem Unheilsamen, während ich feststelle, dass die Weisen erkennen, dass es keine Dualität gibt."
"Die Narren verschreiben sich dem Begriff der Dualität in Beziehung auf die Fehler (avadya) und die Nicht-Fehler (anavadya), während ich feststelle, dass die Weisen erkennen, dass sie nicht auf dies Art existieren. Das ist die innere Wesensart der Weisen."
"Die Narren verschreiben sich dem Begriff der Dualität in Beziehung auf die Totalität der lichten und dunklen Faktoren, während ich feststelle, dass die Weisen ihre Nicht-Dualität erkennen. Das ist die innere Wesensart der Weisen."
"Die Narren verschreiben sich dem Begriff der Dualität in Beziehung auf leidhafte und wonnige Phänomene, während ich feststelle, dass die Weisen in ihrer Meditation die Nicht-Dualität kultivieren. Das ist die innere Wesensart der Weisen."
"Diejenigen, die kindische Intelligenz haben, meditieren darüber, dass all bedingten Dinge vergänglich seien – den Tathagatagarbha mit eingeschlossen – während ich feststelle, dass die Weisen in ihrer Meditation die Nicht-Dualität kultivieren. Das ist die innere Wesensart der Weisen."
"Die Narren verschreiben sich der Vorstellung – angesichts der Lehre des Buddha vom Nicht-Selbst - dass alle Phänomene ohne Selbst sind, während die Weisen erkennen, dass es keine Dualität zwischen der Existenz des Selbst und der Nicht-Existenz des Selbst gibt. Das ist die innere Wesensart der Weisen."
"Ich habe immer die Lehre des Tathagatagarbha erteilt, (eine Lehre, die) von unzähligen Buddhas im Sarva-Punya-Samuccaya-Sutra gepriesen wird. Du sollst die Nicht-Dualität der Existenz des Selbst und der Nicht-Existenz des Selbst aufrecht erhalten. Edler Sohn, du sollst dich an das erinnern, was ich im Sarva-Punya-Samuccaya-Sutra und im großen Prajna-Paramita-Sutra über die Existenz und die Nicht-Existenz des Selbst - und zwar im Zusammenhang eben dieser Erläuterung des Weges zur Nicht-Dualität - gelehrt habe."
"Zum Beispiel: wenn Quark aus Milch entsteht, dann frische Butter aus dem Quark, dann Butterschmalz aus der frischen Butter und (endlich) die Essenz von Butterschmalz (sarpirmanda) aus dem Butterschmalz – nun, entsteht dieser Quark (in einer Form, die) identisch ist mit der Milch selbst, oder entsteht er aus sich selbst heraus? Auf ähnliche Weise: entsteht jene frische Butter identisch mit dem eigentlichen Quark oder entsteht sie aus sich allein? Auf ähnliche Art: entsteht jenes Butterschmalz identisch mit der eigentlichen Butter oder entsteht es aus sich allein? Auf ähnliche Weise: entsteht die Essenz von Butterschmalz identisch mit dem eigentlichen Butterschmalz oder entsteht sie aus sich allein? Oder entstehen jene fettigen Substanzen etwa aus irgend etwas anderem? Falls sie aus irgend etwas anderem entstehen, woraus entstehen sie denn in diesem Fall?"
"Nun, wenn Quark (und so weiter, spontan) ohne Milch entstehen würde, so würde Milch nicht nötig sein. Wenn dies der Fall wäre, dann wäre Folgendes: sie (d.h. Milch und Quark) würden so ohne Weiteres auftreten / würden automatisch auf ganz natürliche Art hervorkommen (engl. " would be naturally occurring"), und sowohl der Ursprung als auch die Eigenschaften des Quarks (und so weiter) wären leicht sichtbar. Also, (man kann statt dessen sagen, dass) sie auf sukzessive Art, eins nach dem anderen, aufkommen; aber, da sie auf sukzessive Art, eins nach dem anderen, aufkommen, darf man nicht sagen, dass sie auf eine solche Art aufkommen, dass sie mit jenen eigentlichen Substanzen (bhava) identisch seien. Andererseits: falls sie nicht identisch mit jenen eigentlichen Substanzen aufkommen würden, wären sie nicht von Anbeginn nicht-existent? Das Butterschmalz, das aus der Kuh entsteht, entsteht nicht aus etwas Anderem und existiert tatsächlich in allen (Fällen) von Natur aus (engl. "does indeed exist in all cases inherently") (prakrti); aber es ist nicht sichtbar / wahrnehmbar, da es durch Defekte verdeckt wird und sich in einem Zustand der gegenseitigen Mischung (inmitten der Milch u.s.w) befindet.
"Milch hat einen unangenehmen Geschmack wegen des Kuh-Bluts, in Fällen, wo die Kuh etwas gefressen hat, was Defekte in sich hat. Falls die Kuh süßes Gras frisst, so kommt folglich süßschmeckende Milch hervor. Falls die Kuh scharfschmeckendes Gras frisst, so kommt demnach scharfschmeckende Milch hervor. Es gibt eine Art Gras im Himalaja, das "ölig" heißt. Falls eine Kuh das frisst, so bringt sie ausschließlich Milch hervor, die das innigste Wesen (svabhava) der Essenz von Butterschmalz besitzt – weder weiß, noch grün, noch rot, noch lichtblau, sondern nur die Milch wird hervorgebracht, die das innigste Wesen der Essenz von Butterschmalz besitzt. So wird daraus ersichtlich, dass Milch, die eine schlechte Farbe hat, oder Milch, die eine schöne Farbe hat, so ist wegen solcher Verschiedenheiten des Grases. Auf ähnliche Weise: obwohl Unwissenheit und Erkenntnis nicht-zwei sind, das, was Erkenntnis ist, kommt als Unwissenheit hervor – wegen der bösen Taten der Lebewesen. Alle heilsame und unheilsame Faktoren sind auch einfach nicht-zwei. Also, wie ich vorhin gelehrt habe: der Tathagatagarbha besitzt tatsächlich ein innigstes Wesen, der Essenz von Butterschmalz gleich, aber er erscheint als etwas Anderes – wegen der mit den Kleshas verbundenen Defekte."
"Zum Beispiel: obwohl Seewasser gleichbedeutend mit Salz ist, sollte man eigentlich nicht sagen, dass es gleichbedeutend mit Salz sei, denn es gibt auch ein Ozean, der "Milchiger-Ozean" (ksira-samudra) heißt".
"Im Himalaja befinden sich Kräuter, die Heilmittel sind, und so, wenn man von ihnen spricht, spricht man von ihren Tugenden; obwohl auch giftige Kräuter im Himalaya zu finden sind, spricht man dennoch vorwiegend von den medizinischen Kräutern dort. Dieser Körper (von uns) ist ähnlich: obwohl er das Gift der vier schlangenähnlichen Elemente (dhatu) in sich hat, birgt er auch den König aller Ärzte in sich – den Tathagatagarbha; da dies so ist, ist der Tathagatagarbha ein uranfänglich unerzeugtes / unerschaffenes (akrtima) Prinzip / Element (dhatu) (engl: "is a primordially unfabricated Dhatu") , während die Kleshas auf eine von außen hinzukommende Art (engl. "adventitious") entstanden sind. Jeder, der ein Buddha werden möchte, sollte die klesha-verfallenen Aspekte (seiner Persönlichkeit) überwinden. Zum Beispiel: wenn der Donner am Himmel grollt, keimen bald Pilze auf; aber im trockenen Sommer werden Pilze nicht einmal mit einem einzigen Wort erwähnt, denn sie keimen nur beim Grollen des Donners auf. Auf ähnliche Art tritt auch der Tathagatagarbha als Nicht-Selbst in Erscheinung, weil er von den klesha-befallenen Aspekten verdeckt wird; aber sobald diejenigen, die dieses große Sutra hören, vom großen Parinirvana erfahren, entsteht die Erkenntnis um den Tathagatagarbha – genau wie bei den Pilzen. Alle anderen Sutren und Samadhis (d.i. meditative Versenkungen) ähneln der Sommerjahreszeit, denn man wird nicht völlig von der Existenz des Tathagatagarbha erfahren, falls man alle anderen Sutren und Samadhis hört. Eben wie Pilze in der Regenzeit aufkeimen, so entstehen all die geheimen Worte impliziter Bedeutung aus diesem großen Mahaparinirvana-Sutra. Die Leute werden sofort gänzlich um die Existenz des Tathagatagarbha wissen, wenn sie dieses Sutra hören – dem Aufkeimen der Pilze in der Regenzeit ähnlich. Nun, es heißt das Mahaparinirvana-Sutra, weil es einen großen Gegenstand des Verdienstes (artha) ausgiebig verkündet. Diejenigen, die über dieses große Mahaparinirvana-Sutra nachsinnen, werden mir dankbar (krta-vedin) sein."
"Ach, Erhabener! Es ist äußerst schwierig für alle Sravakas und Pratyekabuddhas, den Tathagatagarbha zu sehen, zu erkennen und zu akzeptieren."
Der Erhabene sagte: "Edler Sohn, dem ist so. Auch ich sage genau dasselbe."
"Warum lässt sich der Tathagatagarbha nur schwer sehen?"
"Zum Beispiel, edler Sohn: es waren einmal hundert Blinde. Da sie mittels ihrer Augen zu sehen wünschten, traten sie an einen großen Augenarzt heran. Der Augenarzt operierte an ihnen. Dann, nachdem er den grauen Star (netra-patala), der ihnen die Augen verdeckten, entfernt hatte, hielt er einen seiner Finger in die Höhe und sagte jedem (seiner Patienten): " Schauen Sie meinen Finger an! Sehen sie ihn klar oder nicht?" Nun, obwohl die Operation schon vollständig durchgeführt worden war, vermochten jene Leute nicht, seinen Finger zu sehen, egal auf welche Art er ihn in die Höhe hielt. Erst nachdem er diese Prozedur einige Male wiederholt hatte, waren die Patienten imstande, ihn schwach und unklar zu sehen. Es steht ähnlich bei denjenigen Bodhisattva-Mahasattvas des 10. Niveaus, die all die (innere) reinigende Heilbehandlung vollständig durchgemacht haben. Sie sind auch so. Jenen blinden Leuten gleich, nehmen sie – obwohl sie so gereinigt worden sind – nur schwach und unklar wahr, dass sie den Tathagatagarbha in sich haben, und dies erst dann, nachdem ich ihnen einige Male (die Existenz des Tathagatagarbha) angezeigt habe. Nachdem sie den Tathagatagarbha wahrgenommen haben, sagen sie: "Wenn sogar wir dazu veranlasst wurden, uns so lange durch das eine Rad des Nicht-Selbst im Kreis zu bewegen, wie wäre es denn möglich, dass die Sravakas und Pratyekabuddhas ihn jemals erblicken könnten?" Also, edler Sohn: so ist es schwer, den Eingang zu sehen und sich Zugang zu meinen Dhatu-Lehren zu verschaffen."
"Überdies, edler Sohn: nimm an, dass ein gewisser Mensch eine Gans sieht und beobachtet, wie sie am Himmel flattert und hochfliegt. Als er dies sieht, ist er sich unsicher und fragt sich, ob es sich eigentlich nur um den Himmel handelt oder ob dies doch wirklich eine hochfliegende Gans sei. Erst nachdem er genau hingesehen hat, erkennt er unscharf und unklar (engl. "vaguely"), dass dies doch eine hochfliegende Gans ist. Auf ähnliche Weise: wenn sogar Bodhisattva-Mahasattvas, die sich auf dem 10. Niveau (des Bodhisattvatums) befinden, nur unscharf und unklar wahrnehmen, dass jedes Wesen den Tathagatagarbha in sich hat, wie wäre es denn möglich, dass Sravakas und Pratyekabuddhas ihn jemals erblicken könnten?"
"Nimm zum Beispiel an: ein gewisser Mensch hat sich auf den Weg gemacht und eine Reise angetreten, aber dann erleidet er eine Gallenstörung, und er verirrt sich. Erst nachdem er genau hingeschaut hat, ist er imstande, die Straße und andere Gestalten unscharf zu sehen. Auf ähnliche Weise nehmen Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene (des Bodhisattvatums) nur unklar und unscharf wahr, dass sie den Tathagatagarbha, den unerschaffenen Dhatu, in ihrem Körper haben, und dies erst dann, nachdem sie sehr genau hingesehen haben."
"Zum Beispiel: ein gewisser Reisender schmachtet vor Durst, aber er findet kein Wasser in der weiten Wildnis. Er begehrt immer noch Wasser und er erblickt eine Schar Kraniche (vaka) auf einem Baum, aber er ist sich unsicher, ob dies eigentlich ein Herrenhaus oder aber der Himmel sei. Erst nachdem er sehr genau hingesehen hat, ist er imstande unklar auszumachen, dass es sich um eine Schar Kraniche handelt. Auf ähnliche Weise, edler Sohn: obwohl sich der Tathagatagarbha da befindet, erkennen Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene nur unklar und unscharf, dass sie den Tathagatagarbha mitten in ihrem Körper haben."
"Zum Beispiel, edler Sohn: ein Mann, der auf einem Schiff auf dem Meer reist, sieht ein weißes Herrenhaus in einer Stadt, die viele Meilen weit entfernt liegt. Er fragt sich dann, ob es sich um den Himmel oder um ein Herrenhaus handelt, aber er erkennt unscharf und unklar erst dann, als er genau hinsieht, dass es sich eigentlich um ein (Herrenhaus) handelt. Auf ähnliche Weise: obwohl sich der (Tathagatagarbha) da drinnen (im Körper) befindet, erkennen Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene nur unklar und unscharf, dass sie den Buddha-Dhatu mitten in ihrem Körper haben."
"Zum Beispiel, edler Sohn: es war ein junger Prinz, der eine schwache körperliche Verfassung hatte und der die ganze Nacht bis zum Sonnenaufgang dabei verbrachte, Musik-und-Tanz-Unterhaltungen beizuwohnen. Als er fortging, wurde seine Augen vom Licht der Sonne beeinflusst, und so konnte er seinen Gürtel nur dann unklar und unscharf sehen, wenn er sehr genau hinsah. Auf ähnliche Art nehmen die Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene (nur) unscharf und unklar wahr, dass sie den Buddha-Dhatu innerhalb ihres Körpers haben."
"Zum Beispiel: ein gewisser Diener des Königs verließ den Palast mitten in der pechfinsteren Nacht, als der Himmel voller dichten Wolken war. Als der Diener unterwegs nach Hause war, begegnete ihm plötzlich ein Blitzstrahl, und er erblickte eine Herde Kühen vor sich. Er fragte sich, ob es sich um eine Wolke, ein Haus, ein Tor oder eine Turmspitze handelte, aber erst dann, als er sehr genau hingesehen hat, sieht er unscharf und unklar, dass es (eine Herde Kühe) ist. Auf ähnliche Art sehen Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene (nur) unscharf und unklar, dass sie den Tathagatagarbha innen in ihrem Körper haben – obwohl sie tatsächlich den Buddha-Dhatu in sich haben.
"Zum Beispiel: ein gewisser Mönch, der fromm ist und die Verhaltensvorschriften einhält, bildet sich ein, dass er Geschöpfe im Wasser sieht, das eigentlich ohne jegliches Geschöpf ist. Er fragt sich, ob er Geschöpfe oder eigentlich Staubkörnchen (im Wasser) sieht oder aber auch vereinzelte (agantuka) Geschöpfe oder Staub (auf der Wasseroberfläche); aber er nimmt die Lage erst dann unscharf und unklar wahr, als er sehr genau hinschaut. Auf ähnliche Art: obwohl der Tathagatagarbha anwesend ist, erkennen Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene (bhumi) unscharf und unklar, dass sie den Tathagatagarbha innen in ihrem Körper haben.
"Auf ähnliche Weise: ein Mann, der sich beim Sonnenaufgang im verhüllenden Nebel befindet, sieht wie ihm einige Kinder entgegenkommen. Er ist sich nicht sicher, ob es sich hier um Kühe, Büffel oder Aasgeier handelt, aber daraufhin sieht er unscharf und unklar, dass das Kinder sind. In ähnlicher Weise sehen die Bodhisattva-Mahasattvas auf der 10. Ebene (nur) unscharf und unklar, dass sie den Tathagatagarbha drinnen in ihrem Körper haben, obwohl er sich eigentlich dort befindet.
"Zum Beispiel: einige Leute sehen das Bild eines Bodhisattvas, das auf einer großen Malerleinwand gemalt ist, die in der trüben Finsternis der Nacht da hängt. Wenn sie es sich überlegen, sind sie sich nicht sicher, ob es sich um ein Bild des Buddha oder der roten Pasupati, oder aber ein Bild von Mahesvara oder Brahma handelt; daraufhin sehen sie aber unscharf und unklar, dass es sich um ein Bild eines Bodhisattvas handelt. In ähnlicher Weise, edler Sohn, erkennen Bodhisattva-Mahasattvas, die sich auf der 10. Eben befinden, (nur) unscharf und unklar, dass sie den Tathagatagarbha innen in ihrem Körper haben, obwohl er sich tatsächlich dort befindet.
"Also, edler Sohn: der Tathagatagarbha lässt sich nur schwerlich erschauen. Er liegt im Wahrnehmungsfeld des Tathagata, aber er liegt nicht im Wahrnehmungsfeld der Sravakas und Pratyekabuddhas. So, edler Sohn, ist das, was ich gelehrt habe, von den Weisen zu verstehen, denn es entspricht nicht dem, was alle in der Welt (glauben)."
"Erhabener, wenn das der Fall ist, wie würde diejenigen, die (nur) körperliche Augen haben, etwas so Feines sehen?"
"Wie würden sogar die Götter, die weder Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung haben, ihn sehen? Dies liegt im Wahrnehmungsfeld des Buddha, aber es liegt nicht im Wahrnehmungsfeld der Sravakas und Pratyekabuddhas. Sie sollten vertrauensvolle Zuversicht haben und dieses Sutra befolgen. Wenn sie das tun, werden sie mit der wahren Sicht (bhuta-drsti) ausgestattet werden. Edler Sohn, alle Sravakas und Pratyekabuddhas sollten mittels dieses großen Mahaparinirvana-Sutras zuversichtlich sein (und glauben), dass sie den Tathagatagarbha innen in ihrem Körper haben, und sie sollten sich in Übereinstimmung mit dem Sutra bestreben. Der Tathagatagarbha liegt im Wahrnehmungsfeld des Tathagata, aber nicht im Wahrnehmungsfeld der Sravakas und Pratyekabuddhas."
"Erhabener! Es gibt auch unter den weltlichen (Philosophen) Behauptungen über die Essenz der Person (sattva-dhatu), das Individuum (pudgala)."
"Zum Beispiel, edler Sohn: da waren einmal zwei Freunde. Der eine war ein Prinz, und der andere war der Sohn eines armen Mannes. Da diese beiden einander gern hatten, pflegten sie, sich in ihrem jeweiligen Hause zu besuchen und mit einander zu spielen. Da sah einmal der arme Mann, dass das Schwert des Prinzen von schönem Aussehen war; aber dann nahm der Prinz das Schwert zu sich und verreiste in einem anderes Land. Dann verbrachte der arme Mann die Nächte beim Schlafen in einer verlassenen Herberge und murmelte in seinem Schlaf: "Das Schwert! Das Schwert!" Der Stadtwächter hörte dies und berichtete es dem König, der den Mann zu sich bringen ließ. "Wie sieht jenes Schwert aus? Wo befindet es sich?" sagte der König. Nachdem (der arme Mann) dem König die Geschichte der Ereignisse erzählt hatte, sagte er: "Mein Gebieter! Wenn ich das Schwert gestohlen habe, so bitte – schneiden Sie mir die Hände und Füße ab! Ich sah es, als ich mit meinem Freund spielte, aber ich kam nicht ganz dazu, es anzufassen." Dann sagte ihm der König: "Beschreibe die Farbe und Gestalt des Schwerts!". Der Mann antwortete: Mein Gebieter, das Schwert ähnelt dem Horn eines Ziegenbocks." Dann ließ der König den Mann frei und sagte: " Mensch, sei ohne Furcht, sei ohne Furcht! Geh schnell dahin, wohin du auch gehen willst. Du hast früher das Schwert in diesem Palast nicht so ganz gesehen. Es war eines, das der Prinz auf einem Markt in seinem eigenen Lande erlangte - eines, das sogar Könige nur schwerlich erwerben können." Dann rief der König seine Minister zu sich und fragte sie: "Habt ihr das Schwert gesehen?" Und dann (kurz darauf) starb der König. Dann konnte niemand das Schwert finden, obwohl sogar die Großen (des Landes) danach suchten. Danach bestieg ein andere Prinz den Thron und fand das Schwert (bitte beachte: dies ist wahrscheinlich ein Fehler im tibetischen Manuskript, denn in den beiden chinesischen Versionen steht "fand das Schwert nicht"); aber es waren andere, die (später) als König regierten und die das Schwert nicht fanden. Also, es gelang Generation um Generation von Königen nicht, das Schwert zu sehen. Sie bildeten sich ein, dass das Schwert so oder so aussah, dass es dem Horn eines Schafes oder dem Horn eines Ziegenbocks ähnele. Einige stellten es sich gar vor, wie sie es sich auch immer vorstellen wollten (engl: "imagined it to be whatever they wanted")."
"Auf ähnliche Weise: ein Bodhisattva-Mahasattva erscheint in der Welt, dem Sohn des ehemaligen Königs gleich, und nachdem er die Realität (tattva) des Selbst gelehrt hat, verscheidet er. Danach bilden sich diejenigen, die nur begrenzte Intelligenz haben, sich ein, dass alle Lebewesen ein Selbst wie dieses oder wie jenes haben, und sie betrachten das Selbst auf eine verzerrte Art und lehren dies - obwohl sie das Selbst nicht einmal in ihren Träumen gesehen haben – anderen, denen es an aller Einsicht gebricht. Überdies stellen sich diese weltlichen (Philosophen) vor – nachdem sie diese Worte gehört haben - dass sie ein Selbst-Prinzip (atma-dhatu) in ihrem Körper haben, aber sie wissen nichts vom inneren Wesen dieses Selbst (engl. " do not know the intrinsic nature of that Self"). Nachdem sie die Worte des Bodhisattvas gehört und sie falsch verstanden haben, stellen sie sich das Selbst auf vielfache Weise vor, genau wie sich (die Könige) einbildeten, das Schwert würde einem Horn ähneln. Weltliche (Philosophen) stellen sich das Selbst fälschlich als eine Person (purusa) vor, die die Größe eines Daumens, einer Erbse oder eines Reiskorns hat und das leuchtend im Herzen wohnt. Diese Ansicht von ihnen ist eine irrige Ansicht, eine, die fortgeplanzt wird von Person zu Person, aber diese Ansicht ist weder förderlich noch glückbringend (engl. "neither beneficial nor conducive to happiness"). Aus diesem Grunde lehrte ich die Nicht-Existenz des Selbst. Dennoch stellen sich auch heute noch die weltlichen (Philosophen) die Existenz des Selbst auf falsche Weise vor. So muss ich, edler Sohn, in meinen Lehren den Tathagatagarbha darlegen und feststellen, dass das Selbst so ist – genau wie das wirkliche Schwert."
"Du solltest folgendes wissen: auch wenn etwas mit den weltlichen (Philosophen) assoziiert wird, ist auch dies überweltlich, wenn es gut dargelegt wird und dem Dharma entspricht. Du solltest verstehen, dass Lehren, die unter den weltlichen (Philosophen) zu finden und die in jeder Hinsicht vortrefflich sind, von Bodhisattvas manifestiert worden sind. Was irgendwelche Sastras (d.i. religiöse Traktate), Vidya-Mantras oder geheime Mantras anbelangt: wisse, dass all dieses vom vollkommenen Buddha gesprochen worden ist!"